Reichlich vierzehn Tage vor seinem Tod telefonierten wir ausgiebig. Es war wie so oft ein Sonntagvormittag. Die Anlässe waren wieder vielfältig, aber nicht zufällig, und kein Zeitdruck stand dahinter. Es waren interessante Themen und Probleme zu Themen wie „Leichter als Luft“, einige Anmerkungen zur politisch bunten durchgewürfelten und nicht gerade handlungsaktiven bundesrepublikanischen Gegenwartsgesellschaft und eine nicht in Aussicht stehende stabile Bundesregierung, eine Frage zur Geschichte und zur Ortschronik seiner Heimatgemeinde Heßberg. Und wie könnte es seit einigen Jahren anders sein: Fragen und Lösungsansätze zum großen Rätsel von Hildburghausen und Eishausen, also der Madame Royale. Auch hierzu interessierte ihn brennend jede Entwicklung. Zum Thema hat er auch mit Ines Schwamm eine Vielzahl an Gesprächen geführt.
In unseren Telefonaten gab es kein Durcheinander – wie so oft bei den Allerweltsgesprächen –, nein, sie waren locker, aber klar strukturiert. Zeit ist für den „Professor“ immer wertvoll. Mit dem Titel redete ich ihn immer an, das Herr ließ ich gerne weg. Für ihn war ich „Kollege“. Das war nicht Ehre, sondern Augenhöhe.
Das Gespräch verläuft wie immer engagiert, in größter Vertrautheit und Sachlichkeit. Er kennt die beiden Homepages www.dunkelgraefinhbn.de und www.schildburghausen.de. Er gibt Anregungen, ist auch bei dem einen oder anderen karikierenden Thema kritisch. Er bestärkt uns in den Worten, dass Kritik in der Demokratie sein muss.
Das große Wissenschaftsprojekt „Leichter als Luft – Transport- und Trägersysteme. Ballone, Luftschiffe und Plattformen“ aus dem Jahr 2003 hat uns nach dem Jahrhundertwechsel zusammengeführt. Mit dem NASA-Physiker Jürgen Bock und einer Vielzahl internationaler Wissenschaftler und Ingenieure hat er das Projekt als Initiator und Motor vorangetrieben. Das internationale Team zu einen und das Projekt zu veröffentlichen ist eine schwierige Arbeit gewesen, aber er wäre nicht Berthold Knauer gewesen. 2005 erschien das bisher größte Werk zur Thematik, das ungeteilten internationalen Beifall erhielt.
Ihn interessiert aber auch nach den Jahren seiner Forschungs- und Lehrtätigkeit als Lehrstuhlleiter an der Technischen Universität Dresden die Geschichte seiner Heimat. Auch hier ist er systematisch tätig und bemüht sich engagiert um die Geschichte des Geschlechts derer von Heßberg, das vor allem im Südthüringer und im fränkischen Raum seine historischen Spuren hinterlassen hat.
Nach Berthold Knauers 70. Geburtstag mit einem internationalen Kolloquium erschien 2006 in unserer beider Herausgeberschaft der ebenfalls in der Wissenschaft beachtete Band „Polymertechnik und Leichtbau – Konstruktionsprinzipien ohne Zeitgrenzen“, das seine Forschungsarbeit aufhellt.
Er hat die Forschung ein gutes Stück vorangebracht, über die man seitenlang berichten müsste. Bei ihm spielen aber auch die Ungerechtigkeiten der ideologisch beeinflussten Beurteilungen von wissenschaftlichen Leistungen eine Rolle, gezielt setzt er sich mit ihnen auseinander.
Danke, Prof. Dr.-Ing. habil. Dr. rer. oec. Berthold Knauer, danke auch für die anderthalb Jahrzehnte ertragreiche und anregende Zusammenarbeit.
Hildburghausen, im Dezember 2017 Hans-Jürgen Salier
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