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Carl Joseph Meyer
* 9. Mai 1796 Gotha
† 27.Juni 1856 Hildburghausen
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Carl Joseph Meyer und das Bibliographische Institut (1796 – 1856)
„Die Intelligenz ist der stärkste Hort der Humanität und Freiheit.“
* Carl Joseph MEYER in Gotha
Vater: Johann Nicolaus Meyer (* 25.02.1759, Rügheim/Franken – † 17.06.1823, Gotha), Hofschuhmacher;
Mutter: Marie Juliane Meyer geb. Leinhos
(* 31.05.1772, Gotha, Tochter eines Strumpfwirkers – † 23.04.1851, Hildburghausen/2. Ehefrau von Johann Nicolaus Meyer)
Er verlebt seine Kindheit in der damaligen Quergasse 843 in Gotha. Anschließend besucht er die Bürgerschule und das Gymnasium, Abbruch wegen eines disziplinarischen Vergehens. Seine Leistungen und sein Verhalten werden sehr unterschiedlich eingeschätzt.
Verlobung mit Hermine („Minna“) Grobe.
Meyer wird Geschäftsführer in der Freiherrlich von Boyneburgischen Gewerbs- und Hülfsanstalt zu Weilar. M. entwickelt eine fabrikmäßige Barchentherstellung. Das Unternehmen scheitert, es wird 1823 aufgelöst.
Meyer veröffentlicht eine Arbeit über Papiergeld, das mit der Intensivierung des Handels in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Märkte erobert.
Rückkehr nach Gotha und Versöhnung mit seiner Mutter, Privatlehrer der englischen Sprache, Herausgabe Correspondenzblatt für Kaufleute. Im Zusammenwirken mit dem Henningsschen Verlag als Literat tätig.
Freie Übersetzungen einiger Werke Shakespeares (Macbeth, Othello, Der Sturm) und Scotts (Waverley, Ivanhoe) und volkstümliche Verbreitung in hohen Auflagen.
* Sohn Herrmann Julius in Gotha.
Gründung des Bibliographischen Institutes unter dem Namen von Joseph Meyers Frau „Minna“ in Gotha (Erfurter Vorstadt, später Frimarsche Straße). Erste Ausgaben der Bibliothek der deutschen Classiker (insgesamt 150 Bändchen). Meyer verhalf dem bis dahin in Deutschland nahezu unbekannten Subskriptionswesen zum entscheidenden Durchbruch.
Auseinandersetzungen mit Verlegern und Buchhändlern in Mitteldeutschland, vor allem mit dem neugegründeten „Börsenverein der Deutschen Buchhändler“. Gegen Meyer werden Prozesse wegen Verletzung von Autoren- und Herausgeberrechten geführt; er verteidigt seine Anthologie-Projekte mit Ausschnitten der deutschen Klassikerwerke als „Nationaleigentum“ des deutschen Volkes.
Übersiedlung des Bibliographischen Institutes in das Brunnquellsche Haus nach Hildburghausen (heute: Obere Marktstraße 44).
Das erste Druckerzeugnis in Hildburghausen ist die „Tabula gratulatoria” anlässlich des 28. Geburtstags von Bernhard II. Erich Freund Herzog von Sachsen-Meiningen-Hildburghausen. Meyer preist den Herzog als Dank für dessen Unterstützung für das Bibliographische Institut. Teilhaber bzw. Geldgeber sind der Hildburghäuser Kaufmann Johann Erdmann Scheller (bis 20. Juni 1829) und ab 1829 sein Bruder, der Kaufmann Johann Wilhelm Scheller, beide investieren riesige Finanzsummen in das Unternehmen.
(Editionen der Miniatur-, Cabinets-, Pracht- und Nationalausgaben). Probleme bereiten Meyer trotz Entgegenkommens des Herzogs und der Landesregierung die historisch überlebten Zunftgesetze und die von Meyer immer wieder verletzten Urheberrechte (Landesherrliche Verordnung vom 07.05.1829, betreffend den Büchernachdruck und Handel mit nachgedruckten Büchern).
Bis zu diesem Zeitpunkt entwickelt sich die Offizin (Druckerei) zur sechstgrößten in Deutschland. Das unmittelbar von Meyer beschäftigte Personal beläuft sich auf 190, davon 101 aus Hildburghausen. Von Anfang an wird in der Offizin, in der Buchdruckerei und in anderen Abteilungen mit der damals modernsten Technik produziert (z. B. Schnellpressen).
Das Bibliographische Institut gliedert sich in vier Anstalten:
A: Die rein bibliographische (Stammanstalt),
B: die artistisch-geographische,
C: Maschinenbau,
D: Farbenfabrik (am ehemaligen Münzgebäude am Schlossrangen, Standort der heutigen „Schlosspark-Passage)
Nach Vorarbeiten in Gotha werden verschiedene Bibelausgaben ediert.
Familientempel, ein Andachtsbuch und die Bibliothek der Canzelberedsamkeit (1827 – 1831 in 18 Bänden).
Nach der französischen Julirevolution gegen Karl X. von Bourbon, dem Bruder des guillotinierten Königs Ludwig XVI., wird Louis Philippe von Orleans König, der als „Bürgerkönig“ bezeichnet wird. In Belgien, Polen und in Rom kommt es zu Aufständen, im Herzogtum zu Unruhen. Meyer betritt Meyer die politische Bühne.
Mitarbeiter des Bibliographischen Instituts demonstrieren gegen Gewaltmaßnahmen europäischer Fürsten (20. – 22.09.). An Meidinger in Frankfurt/M. schreibt Meyer: „Es war allerdings ein gar kleines Revolutiönchen.“ Die Behörden verlangen Strafmaßnahmen gegen die Arbeiter und weisen 26 von ihnen aus.
Für Flüchtlinge des niedergeschlagenen Warschauer Aufstandes organisiert Meyer Solidaritätsaktionen und bewirtet durch das Herzogtum ziehende Flüchtlinge ehrenvoll mit Champagner.
* Tochter Meta († 07.11.1875 in Eutritzsch bei Leipzig)
- Mai –
15. September 1832
Daraufhin ediert Meyer die Zeitschrift Der Volksfreund (in Anlehnung an Marats revolutionäres Blatt „Ami de peuble“), es wird von der Deutschen Bundesversammlung verboten.
Beginn der Edition der originellsten, genialsten und weltbekanntesten Schöpfungen Meyers. „Meyer’s Universum oder Abbildung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde“, („… eines belehrenden Bilderwerkes für alle Stände“). Texte bis 1856 stammen aus Meyers Feder.
Das bis 1864 erscheinende Universum entspricht seiner Zielstellung:
„Die Intelligenz ist der stärkste Hort der Humanität und Freiheit.“ (12 Monatshefte mit je 3 – 4 Stahlstichen, bis Meyers Tod 710 Stahlstiche im Querformat u. ca. 2.800 Textseiten). Insgesamt 17 Bände, produziert in 12 Sprachen, allein in Deutschland gibt es 80.000 Abonnenten. Das Universum ist ständig Zielscheibe der Zensur, in Österreich wird z. B. nur der „gereinigte“ Text vertrieben (Drucker bezeichnen sie als „dumme Ausgaben des Universums“), in Preußen wird sie 1850 verboten. Die Leitung des Universums übernimmt später Dr. Friedrich Hofmann, dem nachmaligen Herausgeber der „Gartenlaube“.
Meyers politische Meinung in einem Beitrag 1851 bringt ihm eine Anklage und Verurteilung zu einer mehrmonatigen Gefängnisstrafe.
Arbeitsniederlegungen der Buchbinder wegen Lohnforderungen im Bibliographischen Institut.
Planungsarbeiten, gemeinsam mit dem Nationalökonomen Friedrich List, zum Bau einer Hanseatisch-Süddeutschen Central-Eisenbahn. Meyer erhält von der Meininger Regierung eine „Konzession zur Aufsuchung und zum Abbau nützlicher Mineralien in den Ämtern Eisfeld, Römhild, Hildburghausen, Heldburg, Sonneberg und Salzungen“. Beginn seines großen Montanbesitzes. Meyer will Deutschland von Stahl- und Eisenimporten unabhängig machen (Bohrungen in ganz Thüringen, Erwerb von Braunkohlen- und Steinkohlen-, Eisenstein-, Kupfer-, Kobalt- und Nickelgruben). Bau eines Hüttenwerkes.
Meyers Montanbesitz ist mit über 50 km² der größte Mitteldeutschlands. Der Wert der Gruben allein wird 1857 auf 6.142.145 Gulden geschätzt.eröffentlichung M’s Plan eines neuen Deutschen Central-Eisenbahn-Netzes, das Vorhaben scheitert.
Die Stiftung Weihnachtsbaum für arme Kinder wird gegründet.
In Hildburghausen kommt es zu einer großen Ernährungskrise, da den Menschen nicht genügend Brot zum Verkauf bereitgestellt werden kann. Zum anderen verfügen sie nicht über genügend Geld, um ihre Ernährung zu sichern. In der Zeit gibt es noch keine sozialen Maßnahmen des Staates. Meyer greift energisch ein und trägt zur Lösung der Krise bei.
Märzrevolution in Deutschland.
Reformadresse mit 35 demokratischen Forderungen an den Meininger Herzog, u. a. zur „Umgestaltung des Deutschen Bundestages in ein deutsches Volksparlament“, „Freiheit der Gedankenmitteilung“, „Denk- und Glaubensfreiheit“, „gleiches Gewicht und Maß, gleiche Münze“, „eine deutsche Wehrverfassung“.
Mit seinem Mitarbeiter, dem Schriftsteller Ludwig Köhler, gründet Meyer einen demokratischen „Volksverein“, mit dem die politische Bildung des Volkes gefördert und das Volk für das erwachende öffentliche Leben gerüstet werden soll.
Er ist enttäuscht, dass die Chance für die Freiheit in der Paulskirche vertan wird („… an der Julisonne der Paulskirche ist Dörren und Welken.“)
Meyer resümiert, dass er eine Saat von 25 Millionen Büchern über die Welt geschickt habe, darunter Millionen von Bibeln.
Meyer stirbt um 9 Uhr abends an einer Lungenentzündung und einem Schlaganfall in Hildburghausen. – Minna Meyer überträgt ihrem Sohn Herrmann Julius die Leitung des Bibliographischen Instituts. Am 24. Juni 1870 erhält er das Bibliographische Institut als Eigentümer, das dann 1874 nach Leipzig verlegt wird. Er führt das Unternehmen zu neuer Blüte.
Negativ wirkt sich die Weltwirtschaftskrise von 1857 auch auf Deutschland aus. Der riesige Montanbesitz wird im Laufe der Zeit verlustreich verkauft.
Das Bibliographische Institut hat folgende Abteilungen:
- Buchverlag
Enzyklopädien
Bibeln
Bilderwerke
populärwissenschaftliche Bücher und Sammelwerke verschiedener älterer Verlage
- Geographischer Verlag
Geographische und topographische Werke
Atlanten
- Klassischer Kunstverlag
Zweigniederlassungen existierten/existieren in:
Paris (01. 06. 1837), Amsterdam (25.03.1837), Konstantinopel (heute: Istanbul), New York (1832 – 1835), ab 1849 selbständiges Geschäft von Sohn Herrmann Julius Meyer, Philadelphia (1837 – 1840), London, Budapest.
Cirkular
Hildburghausen den 31. Juli 1856.
Indem ich mich der schmerzlichen Pflicht entledige, Ihnen den am 27. vorigen Monats erfolgten Tod meines Gatten und des seitherigen Chefs des Bibliographischen Instituts, Joseph Meyer, anzuzeigen, benachrichtige ich sie gleichzeitig, dass ich die Vollmachten und Funktionen des Verblichenen als unbeschränkten und alleinigen Disponenten meiner Firma auf meinen Sohn, Herrmann J. Meyer, übertragen habe und bitte Sie, von seiner nachfolgenden Unterschrift Vormerkung zu nehmen.
Mit Hochachtung
Herrmann J. Meyer wird zeichnen:
- Mai 1857
8. Oktober 1857
Herrmann Julius Meidinger heiratet in Rödelheim bei Frankfurt am Main Caroline Antonie Meidinger.
Meta Meyer heiratet in Hildburghausen Franz Bornmüller.
Carl Joseph Meyer
Bibliographisches Institut Westansicht
Bibliographische Institut Eingang Obere Marktstraße
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