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Das Schwarze Ei

Fritz Eller

Wenn ich Wilhelm Raabes „Hungerpastor“ lese und mir die Figur des köstlichen Oheim Grünebaum vorzustellen versuche, dann taucht aus dem Nebel des Jugenderinnerns eine Gestalt auf, die gut hätte sein können für den wackeren Schumachermeister aus Neustadt. Freilich ist es keiner aus Hans Sachsens Zunft, sondern ein ehrbarer Töpfermeister.

Auf etwas kurz geratenen und nicht ganz geraden Beinen durchschritt er trotz alledem würdevoll diese Welt. Für uns Kinder in der Winzergasse, wo er meinem Elternhause gegenüber in einem niedrigen, langgestreckten Hause wohnte und schaffte, war er ein Mann, mit dem man rechnen musste.

Eines unserer beliebtesten Spiele in der vom Verkehr wenig berührten Straße war „Balltreiberles“, bei dem es darauf ankam, durch möglichst weite Würfe den Gegner über eine bestimmte Grenze hinauszutreiben. Dabei konnte es nur allzu leicht geschehen, dass der Ball seitwärts rollte und in die Nähe des Hauses des achtbaren Töpfermeisters Fritz Gutjahr gelangte. Geschah das gerade zu der Zeit, dass der Nachbar in seiner Haustüre stand, war es um unseren Ball geschehen. Die durch das Treten der Töpferscheibe wohl trainierten Beine des Herrn Gutjahr überraschten durch ungewöhnliche Fixigkeit. Rasch hatte er den Ball erreicht und steckte ihn in seinen Schürzenlatz, wobei er uns drohend zurief: „Dös is mai Terräng!“ Damit strafte er uns dafür, dass wir Jungens uns öfter einmal an die Tongrube in seinem großen Garten schlichen, um uns mit Munition für das „Kullernschießen“ zu versorgen. Das war ein Spiel bei uns: Kleine Lehmkugeln wurden auf schwache Weidenruten gesteckt und damit auf die Hausnummern an den Scheunentoren gezielt.
Herr Gutjahr war ein sehr geschickter Töpfer, der aus Ummerstadt stammte, wo ja die keramische Kunst und Handwerkerei von jeher zu hoher Blüte gediehen war.

Ummerstadt war mit seinen etwa eintausend Einwohnern wohl der kleinste Ort, zumindest in Thüringen, der seit mehreren Jahrhunderten Stadtrechte hatte, worauf die Leutchen nicht wenig stolz waren. Dass der damalige Bürgermeister des Kreisstädtchens Hildburghausen auch aus Ummerstadt stammte, war für unseren Nachbar Grund genug, oft und gern und überall zu sagen: „Iiiiiich – un der Härr Bürchermästa von Stocmeier stammen alle baide aus Ummerstadt. Un aus Ummerstadt kommen bloß geschaite Leut’!“

Meistens war das dann der Beginn einer längeren, mit arg stockschnupfig klingender Sprache vorgetragenen Rede – denn die Gabe der Beredsamkeit war ihm im hohen Maße vom Schicksal geschenkt worden.

Meister Gutjahr war ein Mann von mancherlei Interessen. Da war als erstes sein Handwerk. Das verstand er meisterhaft. Gut geformte Töpfe und Kannen, Teller und Schüsseln, Pfannen und Vasen entstanden unter seinen geschickten Händen auf der Drehscheibe. Allerliebste Spielzeugtöpfchen und Küchengeschirr für Puppenstuben fertigte er ebenso schön wie große Gebrauchswaren für den Haushalt. Auch das Bemalen und Glasieren wusste er sehr gut auszuführen. Buntbemalte Teller versah er häufig mit launigen Scherzversen. Am bekanntesten wurden zwei seiner Sprüche:

„Meine Frau, die kann gut kochen,
            sie nimmt das Fleisch,
            ich krieg’ die Knochen!“

Einem Gastwirt, der zugleich Jäger war und gern und oft etwas Gutes aß, stellte er einen mit einem dicken Hund bemalten Teller auf das Wandbrett der Gaststube, damit die Gäste lesen konnten:

„Der Sendelbach und sein Hund –
            die fressen zu jeder Stund’!“

Seine Ware verkaufte er meist auf dem Wochenmarkt, der im Städtchen jeden Mittwoch und Sonnabend war. Dorthin brachte er auch die Erträgnisse seines großen Obst- und Gemüsegartens.

Eine ganz besondere Liebhaberei von ihm waren Hühner. Als fleißige Legehühner schätzte er die rebhuhnfarbigen Italiener und lobte die Größe und Güte der Eier seiner Lieblinge über den grünen Klee.

Eines schönen Frühjahrs hatte er von auswärts, sicherlich aus Ummerstadt, wieder, wie alljährlich, ein Mandel Bruteier eingekauft, die eine Glucke brav erbrütete. Wer beschreibt aber sein Erstaunen, als sich unter den dreizehn geschlüpften Küken ein Fremdling befand. Dieses eine Hühnchen, es war schwarz! Kohlrabenschwarz! Ob durch ein Versehen, oder aus Absicht unter die italienischen Bruteier eines von Schwarzen Wyandotten gekommen war, weiß ich nicht, man muss es aber getrost annehmen, denn auch in Ummerstadt gibt und gab es Spaßvögel. Dieses kleine piepsende schwarze Küchlein wurde eine wirklich prachtvolle Henne. Für Meister Gutjahr war dieser „Zufall“ etwas Außergewöhnliches, ein kleines Wunder, und er hatte für seine Stammtischreden in Zukunft eine neues Thema: „Maine schworze Hänne!“ – Sie nahm immer wunderbarere Formen und Eigenschaften an, je mehr sich seine Phantasie damit beschäftigte. Seine Lieblingshenne kam nun auch in das Alter, da sie die liebevolle Pflege durch entsprechende Eierproduktion vergelten musste. Das tat sie auch und erfreute ihren Besitzer mit wohlgeformten, schön bräunlichen Eiern. Ein bestimmtes Nest im Hühnerstall neben dem Brennofen war der Platz ihrer nahrhaften Tätigkeit. Das hatte der Meister gut beobachtet. Aber – andere wussten das auch! A n d e r e ? – Wer soll denn da noch aufgepasst haben?

Nun, im Nachbarhaus wohnte der Schreinermeister Bechmann und im 1. Stockwerk bei ihm zur Miete der Lehrer Eichhorn. Um das damals knapp bemessene Gehalt eines Lehrers aufzubessern, wohnten bei dieser Familie in Untermiete jedes Jahr eine ganze Anzahl Studierender des Maschinenbau-Technikums. Sehr oft waren das frohgemute, auch zu mancherlei Jugendstreichen aufgelegte junge Männer. Sie verkehrten mit dem etwas grilligen und schrulligen Töpfermeister immer sehr freundschaftlich, lobten sein Kunst und hörten geduldig auch die Lobreden über „Maine schworze Hänne“ an.

Wieder war es nun Frühling geworden. Die Schwarze Henne hatte ihren ersten Geburtstag hinter sich und stand auf der Höhe ihrer erfreulichen Eierlegefähigkeit. – Es war der Dienstag vor Gründonnerstag. Morgen, zum Wochenmarkt, wird die Nachfrage nach Eiern besonders groß sein. Schon stand in der Vorratskammer des Meisters, treu behütet von seiner kleinen, wieselflinken Frau, ein Korb voll der schönsten sauberen Eier. Am Dienstag um die Stunde, da die Hühner schlafen gehen wollen, kontrolliert der biedere Meister nochmals alle Nester. Seine Schwarze Henne wird ihn doch nicht im Stich lassen und auch noch einen Beitrag für das Gründonnerstagsgeschäft liefern! Und siehe da! Im düsteren Winkel, wo das Nest steht, erfühlt der Meister Gutjahr drei Eier. Sorgsam nimmt er sie heraus, um sie beim schwindenden Tageslicht zu begutachten. Aber! Bei meiner Seel! Was ist das? Mit wirbelnd schnellen Beinen rennt er über seinen Hof und ruft nach seiner Ottilie: „Da! Guck ha, Fra! Sowas hast du noch net gsehn, un iiiich a net“ Und damit hält er seiner treuen Ehegefährtin ein Ei entgegen – unzweifelhaft ein ganz richtiges, echtes wohlgeformtes schönes Hühnerei. Aber …  s c h w a r z !  Kohlrabenschwarz! So schwarz – ja, schwarz wie „Maine schworze Hänne!“

Die Frau versucht das Ei zu prüfen, aber er hält es fest! Das gibt er nicht aus den Fingern! Er erlaubt seiner Eheliebsten nur, mit angefeuchtetem Zeigefinger drüberzuwischen. Wirklich, es ist schwarz, es bleibt auch schwarz! „Nain! Dös is net gefärbt! Dös is ächt!“ Zwar äußert seine Frau Bedenken, ob das Ei nicht doch etwas gefärbt sein könnte. Aber, es wird probiert, das Ei auf die Spitze gestellt … das Ei ist roh. Um es zu färben, hätte man es ja kochen müssen. Behutsam wird das Wunderwerk in weiches Papier gewickelt. Das muss er morgen seinen Freunden zeigen und allen denen, die es sehen oder auch nicht sehen wollen. Dass „saine schworze Hänne“ hier ein kleines Wunder vollbracht hat, ist für ihn ohne allen Zweifel! Das sieht auch die Frau Meisterin schließlich ein. Ach! Auch sie hatte ja keine Ahnung von der Färbekraft und Haltbarkeit der chinesischen schwarzen Ausziehtusche, wie sie die Techniker für ihre Zeichnungen oft und viel verbrauchten.

Wer sollte auch auf den Gedanken kommen, dass einer der im Nachbarhaus wohnenden Techniker am Nachmittag, als sich seine Stubenkameraden mit dem Töpfereiehepaar vor der Haustür angelegentlich unterhielten, heimlich und flink über den Bretterzaun geklettert war und ein fein säuberlich schwarz angepinseltes, sonst aber richtiges, echtes, rohes Hühnerei in das Nest schmuggelte zu den beiden bräunlichen, die schon dort lagen.

Beim Mittagsschoppen am Mittwoch nach dem Wochenmarkt aber wurde das Wunderei am Stammtisch vorsichtig aus seiner Umhüllung befreit, und alle Stammtischfreunde durften es bewundern.

Es gab ein großes Hallo!

Aber auf dem Heimweg, als Meister Gutjahr seinen fast leeren Handwagen heimwärts zog, wunderte er sich kopfschüttelnd, was denn „die dummen Leut’“ da so zu lachen hatten, wenn er das Wunderwerk von „mainer schworzen Hänne“ auf der flachen Hand herumzeigte und – wer es hören wollte, bekam es wieder und immer wieder zu hören, was hier geschehen war.

Meister Gutjahr allerdings würzte seine begeisterte Rede über das von „meiner schworzen Hänne“ vollbrachte Mirakel mit einer Pointe, die, mit erhobenem linken Zeigefinger vorgetragen, seine Ausführungen krönte und wochenlang Gesprächsthema bei Jung und Alt im ganzen Städtchen war.

Seine Lobreden gipfelten in dem unvergleichlichen Satz:

„Dies schworze Ai hat kain anderer Mensch gelegt
            wie maine schworze Hänne!“


Biografisches zu Fritz Eller

* 1903, Themar; † nach 1967, Borna b. Leipzig

Lehrer
1906 zieht die Familie nach Hildburghausen. Seine Ausbildung als Lehrer erhielt er im Hildburghäuser Lehrerseminar und arbeitet in Thräna bei Borna. Seine Erinnerungen an Hildburghausen schrieb er Mitte der fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts. Sehr engen Kontakt pflegte er mit seinem Lehrer Prof. Dr. Ernst Kaiser.